Sehr geehrte Frau Landrätin, sehr geehrte Damen und Herren,
„Im Moment läuft es gut“ zitierte der Soester Anzeiger die Landrätin bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfes 2019. Herr Topp hat in seiner Haushaltsrede ebenfalls darauf hingewiesen: Die finanzielle Situation von Bund und Kommunen hat sich durch eine positive Steuerentwicklung und aufgrund einer guten Konjunktur deutlich verbessert. Auch aus der gemeindlichen Ebene im Kreis Soest sei laut Herrn Topp zu hören: „Uns geht‘s finanziell so gut wie seit Menschengedenken nicht mehr!“
Heute soll zum dritten Mal der Zahlbetrag der Kreisumlage für die Kreiskommunen konstant gehalten werden, wenn die Kreispolitik dies gleich mehrheitlich entscheidet. Das ist die gute Nachricht! Die schlechte Nachricht ist, dass 2019 vermutlich das letzte Jahr ist, in dem die Defizite des Kreishaushaltes über die Ausgleichsrücklage kompensiert werden können. Daher scheint schon für 2020 ein Anstieg der Kreisumlage unvermeidbar.
Ausdrücklich unterstützt unsere Fraktion den Verwaltungsvorschlag, das Defizit des Kreishaushaltes durch die Ausgleichsrücklage und nicht durch eine Anhebung der Kreisumlage zu finanzieren! „Im Moment läuft es gut“, diese Aussage der Landrätin ist aber keine Aussage, die auf alle Haushaltsbereiche zutrifft:
• Der Klima- und Umweltschutz muss noch ambitionierter werden
Hier dürfen wir nicht nachlassen! Hier müssen wir zulegen! Das Thema Umwelt- und Klimaschutz ist nach dem Jahr 2018, das geprägt ist von Umweltkatastrophen und das zu den heißesten Jahren seit Beginn der Wetteraufzeichnungen zählt, verstärkt im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen, Maßnahmen gegen den Klimawandel sind zwar nicht unbedingt populär, begegnen aber immer mehr Verständnis.
Der WMO-Generalsekretär Petterie Taalas warnt, die Welt sei im Kampf gegen die steigenden Temperaturen und den Klimawandel auf dem falschen Weg. Taalas weist darauf hin, dass wir die erste Generation sind, die den Klimawandel vollauf versteht und die letzte Generation, die etwas dagegen tun kann.
Damit stellt sich für unsere Fraktion die Frage : Sind die Anstrengungen von Politik und Verwaltung zum Klima -und Umweltschutz im Kreis Soest ausreichend? Zunächst gilt es anzuerkennen, dass die weitere Teilnahme des Kreises am European Energy Award weder von Politik noch von der Verwaltung in Frage gestellt wird, nachdem diese noch 2012 von der Mehrheit des Kreistages abgelehnt wurde. Gut ist auch, dass der Klimaschutzmanager seit letztem Jahr einen unbefristeten Arbeitsvertrag unabhängig von Fördermitteln erhalten hat. Aber der Weiterentwicklungsprozess des Klimaschutzkonzeptes des Kreises Soest steht noch aus und muss in 2019 zwingend erfolgen. Die Klimaziele müssen überprüft und vor dem Hintergrund der Vereinbarungen der Klimagipfel deutlich ambitionierter werden. Hierzu bedarf es nicht unbedingt eines weiteren externen Gutachtens, es reicht aus, wenn die im Arbeitskreis EEA formulierten Ziele gebündelt werden.
Für eine externe Expertise und Impulsreferate sollten in den Haushalt 2019 auf Antrag unserer Fraktion 5000 Euro eingestellt werden. Dies ist leider im Kreisausschuss abgelehnt worden. Zum Umweltschutz gehört auch der Artenschutz. Für den Artenschutz wird der Kreis Fördermittel aus dem Bundesprogramm Insektenschutz beantragen.
„Jedes Jahr verschwinden bis zu 58.000 Tierarten“, titelte Spiegel online vor einigen Wochen, dies sei eine ökologische Krise mit fatalen Folgen! Daher beantragten wir für den Haushalt 2019 die Einrichtung einer halben Personalstelle für den Artenschutz im Dezernat Umwelt. Unabhängig von den Fördermitteln soll der Artenschutzbeauftragte eng mit den Städten und Kommunen zusammenarbeiten. Durch die fortschreitende Inanspruchnahme von Flächen in Städten u. Kommunen durch Wohnbebauung, Straßenbau und Gewerbeflächen werden die verbliebenen Freiflächen so reduziert, dass die Insekten usw. immer weniger Lebensraum haben.
Dringend muss hier eine systematische Überprüfung der tatsächlichen Nutzung im Hinblick auf Artenschutzmaßnahmen erfolgen. Rückzugsräume für Insekten und Vogelarten fehlen ebenso wie Nahrung und Nistmöglichkeiten. Mit dem Blick auf das Artensterben forderten wir auch eine schonende Gehölzpflege an unseren Kreisstraßen. Gehölzpflege muss auch von fachkundigem Personal, mit entsprechender Ausstattung mehr gärtnerisch, als maschinengerecht durchgeführt werden können. Die Aufstockung der finanziellen Mittel hierzu fand im Kreisausschuss leider keine Mehrheit!Für den Artenschutz läuft es nicht gut. Es gibt in der Natur keinen Rückwärtsgang! Das Thema Artenschutz im Kreis Soest sollte jetzt und nicht erst nächstes Jahr ein Schwerpunktthema sein!
CDU und SPD wollen auf das Thema Klima- und Umweltschutz mit der Bildung eines neuen Ausschusses und ggf. eines neuen Dezernats reagieren. Wir sind davon überzeugt, dass eine organisatorische Umstrukturierung der Ausschüsse und die Bildung eines neuen Dezernats nicht zu mehr Klima-und Umweltschutz führen. Politik und Verwaltung müssen weniger reden als handeln und konkrete Maßnahmen sind umzusetzen, die in den bereits bestehenden Arbeitsgruppen und Ausschüssen gut abgestimmt werden können!
• Keine Unterstützung rückwärts gewandter Energiepolitik mit RWE Aktien
Unter ökologischen Gesichtspunkten führt kein Weg am Verkauf der RWE-Aktien vorbei. Wir fordern seit Jahren, dass Verwaltung und Politik mit dem Verkauf ein klares Zeichen für den Umweltschutz setzen und sich so nicht länger an der rückwärts gewandten Energiepolitik von RWE beteiligen! Der Hambacher-Wald, der durch die RWE dem Braunkohletagebau zum Opfer fallen soll, ist inzwischen ein bekanntes Symbol für rückwärtsgewandte und klimafeindliche Politik! Wir fordern daher einen politischen Grundsatzbeschluss zum Verkauf der Aktien u. schlagen vor, die Erlöse in Fonds zu investieren, die sich der Nachhaltigkeit, dem Klima- und Umweltschutz verpflichtet sehen.
• Die Sozialpolitik im Kreis Soest braucht neue Impulse
Der Bücherbus ist Geschichte. In diesem Kontext erkennen wir das Ergebnis des Bürgerentscheides zur Nicht-Wieder-Einsetzung des Bücherbusses an! Bedauerlich bleibt dennoch, dass vor dem Bürgerentscheid eine konzeptionelle Neu-Ausrichtung des Busses in einer interfraktionellen Arbeitsgruppe nicht konsequent durchdacht wurde. Wir sind überzeugt, dass dem Kreis als ländlicher Raum ohne einen neu konzipierten Bücherbus jetzt ein zentrales Bildungsangebot fehlt! Bevor zur Leseförderung jetzt neue Kreismittel verausgabt werden, muss vorab ein Konzept für eine gezielte Leseförderung entwickelt werden. Das Bereitstellen der 500 Euro, die Initiativen vor Ort jetzt beantragen
können, halten wir für konzeptlos. Es kommt uns vor wie eine vorweihnachtliche Charity-Veranstaltung, insbesondere deshalb, weil die Leader-Büros dieselbe Leistung finanzieren, wie es jetzt mit Kreismitteln
passiert. Die jährliche Kritik der Bürgermeister an der steigenden Jugendamtsumlage, wie wir sie jedes Jahr in der Stellungnahme der Städte und Gemeinden lesen können, können wir nicht nachvollziehen.
Die Jugendamtsumlage hat nun einmal nicht die Möglichkeit, steigende Kosten über eine Ausgleichsrücklage zu kompensieren. Kostensteigerungen sind direkt an die beteiligten Kommunen weiterzugeben. Für die gesellschaftliche Stabilität ist ein klares Bekenntnis zur Jugendhilfe mit qualitativen, verlässlichen und auskömmlich finanzierten Angeboten unerlässlich.
In diesem Kontext beantragte unsere Fraktion, die Erziehungsberatungsstellen in 2019 mit einem einmaligen Zuschuss von 20.000 Euro zu unterstützen! Leider wurde dieser Antrag im Kreisausschuss abgelehnt. Bereits seit dem letzten Jahr ist bekannt, dass die mit der Verwaltung vereinbarte Sachkostenpauschale, u.a. für Miete, Beratungsräume und Testmaterialien, nicht kostendeckend ist! Wir fordern, dass die Verträge in 2019 überarbeitet und entsprechend der tatsächlichen notwendigen Sachkosten angepasst werden. Bei dem Antrag auf Zuschuss der Kontaktstelle Werl-West im Jugendhilfeausschuss hätte uns ein positiverer Blick von Verwaltung und Politik auf die soziale Arbeit gefreut! Die Kontaktstelle hat mit Beschluss des Ausschusses 5000 Euro weniger erhalten als beantragt. Gerne hätten wir den Zuschuss in voller Höhe gewährt, da die Kontaktstelle zu der bisherigen Arbeit jetzt zusätzlich das Projekt „Bewegte Kinder“ anbietet, das auch Kinderarmut im Fokus hat. Es kann nicht sein, dass trotz gestiegener Personalkosten und des zusätzlichen Projektes der Kreiszuschuss seit Jahren stagniert! Unsere Fraktion meint: Hier könnte es besser laufen, insbesondere im Hinblick auf die positive Steuerentwicklung und die gute Konjunktur in den Städten und Gemeinden im Kreis Soest.
• Finanzierung unserer Forderungen im Sozial- und Umweltbereich
Unsere Fraktion beantragte, den Zuschuss des Kreises für die Wirtschaftsförderung um 14 % abzusenken. Der Zuschuss in Höhe von 699 000 Euro scheint uns bei einer Wirtschaftsförderung, die keine eigenen Flächen vorhält, immer noch überdimensioniert. An dieser Stelle haben wir einen anderen Schwerpunkt gesetzt als die Mehrheit im Kreistag. Unser Fazit lautet: Mit dem gleich zu verabschiedenden Haushalt bleiben die Zahlungen der Kommunen an den Kreis konstant! Das ist eine faire Finanzpolitik im Sinne der Städte und Gemeinden! Um bei dem Statement der Landrätin zu bleiben: „Dies läuft gut!“In den Bereichen Klima und Umweltschutz sowie in der Sozialpolitik müssen Politik und Verwaltung durchaus auch im Interesse der Städte und Gemeinden im Kreis aber deutlich ambitionierter werden, hier muss es besser laufen.
Daher können wir dem Haushalt 2019 nicht zustimmen!
Ilona Kottmann-Fischer, Fraktionssprecherin