Vor über 50 Gästen stellte Prof. Dr. Niko Paech im Kasino der INI in Lippstadt seine Vision einer »Postwachstumsökonomie« vor. Der selbst ehemals aktive GRÜNE hält die grundsätzlichen Inhalte – wie den Kohleausstieg und die Nutzung regenerativer Ener-gien – zwar prinzipiell für richtig, jedoch gehen sie ihm längst nicht weit genug. Um die notwendigen Ziele im Klimaschutz zu erreichen, seien erhebliche Änderungen unseres Lebensstils zwingend erforderlich.
Dabei zeigte er auf, dass eine drastische Reduzierung der Emissionswerte nötig sei und in Deutschland der CO2-Jahresverbrauch pro Kopf von derzeit 11 t auf 2,5 t reduziert werden müsse, um die gesetzten Ziele nachhaltig erreichen zu können. Nur wenn sich weltweit die pro Kopf Emissionen auf diesem Level einpendelt, könne das 1,5 Grad Ziel noch erreicht werden. Dies sei nur durch eine starke Reduzierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs möglich.
In der globalen Mobilität sieht Prof. Paech eines der größten Probleme des weltweiten Klimaschutzes. Was nutze es, wenn wir fairen Kaffee trinken, biologisch zu 100% abbaubare Kleidung und Verpackungen aus Recycling-Materialeien kaufen, dafür aber zweimal im Jahr in den Urlaub fliegen?
Diese Lebenshaltung sowie weitere durch die technische Entwicklung bedingte Rebound-Effekte konterkarieren seiner Ansicht nach die gewünschte nachhaltige Entwicklung.
Nach der kritischen Bewertung heutiger Ansätze erläuterte Nico Paech seine Ideen und Visionen für eine ressourcenschonende Ökonomie und Lebensführung. Er setzt im persönlichen Umfeld der Menschen an. Durch die Entwicklung vom Konsumenten hin zum sogenannten Prosumenten, einem produzierenden Konsumenten, der sich nicht durch die Marken und Dinge, die er benutzt, identifiziert, sondern wieder selbst tätig wird, schütze man nicht nur die Umwelt, sondern auch die Menschen. Diese könnten mit Muße den Konsum wieder genießen.
Man solle sich zu Netzwerken und Gemeinschaften zusammenschließen, welche sich viele Dinge teilen, es brauche ja nicht jeder einzelne eine Waschmaschine, eine Bohrmaschine oder ein Auto. In diese Netzwerke solle jeder seine Fähigkeiten und Ressourcen einbringen. Der eine repariert Geräte und Gegenstände, deren Lebensdauer sich dadurch verlängern ließe, der andere produziere selbst, indem er vielleicht Obst und Gemüse anbaue. Persönliche Zeit, Handwerk und Vernetzung, (wobei hier ausdrücklich nicht die digitale, sondern die persönliche gemeint ist) seien Eckpfeiler auf dem Weg in eine ressourcenschonende Gesellschaft ohne industrielle Überproduktion. In diesem Kontext schlägt Niko Paech eine schrittweise Reduktion der wöchentlichen Arbeitszeit auf 20 Stunden vor.
Das Publikum beteiligte sich sehr rege an der anschließenden Diskussion. Weiten Teilen der Ideen konnte das Publikum folgen, doch gab es immer wieder Zweifel an der Um-setzbarkeit auf breiter Ebene, weil eine Verzichtsverordnung aus heutiger Sicht nur schwer zu vermitteln sei.
Prof. Dr. Niko Paech erwartet nicht, dass sein Modell einer Postwachstumsökonomie morgen umgesetzt sein könnte, es sei wie bei vielen anderen gesellschaftspolitischen Entwicklungen ein langer Weg. Doch es handele sich nicht um Verzicht oder Selbstkasteiung, sondern um eine Befreiung vom Überfluss und um eine Neuausrichtung eigener Wertvorstellungen.