Sehr geehrte Landrätin, sehr geehrte Damen und Herren,
im Jahresrückblick ist und wird auch für 2017, die Integration der nach Deutschland geflüchteten Menschen das zentrale Thema sein. Politik, Kirchen, Verbände und nicht zuletzt die Menschen, die in Deutschland leben sind gefordert, dass die Integration und das Miteinander der Kulturen gelingen. Die Politik und die Verwaltung im Kreis Soest haben mit dem Sonderkreistag zum Thema Flüchtlinge Ende 2015 die Bedeutung dieser Thematik anerkannt. Vor dem Hintergrund des Sonderkreistages sind Verwaltung und Politik heute gefordert, die Integrationsmaßnahmen und –bemühungen einerseits rückblickend und andererseits mit dem Ausblick für 2017 zu bewerten.
Bevor unsere Fraktion auf dieses für uns zentrale Thema eingeht, erfolgt zunächst die Bewertung des Haushaltsentwurfes 2017:
Der vorliegende Haushaltsentwurf sieht eine Anhebung der Kreisumlage um 10,8 Millionen vor. Diese Summe resultiert im Wesentlichen aus der stark ansteigenden Umlage des Landschaftsverbandes, aus den ansteigenden Ausgaben im sozialen Bereich und aus Leistungen, die der Kreis Soest durch Bundes- und Landesgesetze übernehmen muss. Für die Kommunen im Kreis Soest – Werl und Welver sind im Stärkungspakt Stadtfinanzen – ist diese Erhöhung unter Umständen nur durch Steuererhöhungen für die Bürgerinnen und Bürger zu bewältigen.
Die Kreispolitik hat daher im Kreisausschuss folgerichtig mehrheitlich entschieden, den noch bestehenden Sockelbetrag der Ausgleichsrücklage in Höhe von 1,8 Millionen zur Entlastung der Kommunen, und damit auch der Bürgerinnen und Bürger, einzusetzen! Mit Blick auf die Nachbarkreise Warendorf und Unna, die die Ausgleichsrücklage bereits vollständig aufgezehrt haben, ist dies, wie unsere Fraktion in den letzten beiden Jahren bereits gefordert hat, der richtige Schritt! Unter einer der kritischsten und langwierigsten Diskussionen zwischen der Landrätin und den Bürgermeistern ist jetzt ein Schlusspunkt gesetzt! Das von den Bürgermeistern geforderte starke Signal der Rücksichtnahme durch Aufzehren der Ausgleichsrücklage wird jetzt durch die Kreispolitik praktiziert. Für unsere Fraktion hat die nicht mehr vorhandene Ausgleichsrücklage zur Konsequenz, dass der Kreistag noch deutlicher als bisher gewichten muss, welche Aufgaben, mit welcher Qualität und welchen Standards durch die Kreisverwaltung vorgehalten werden sollen und müssen.
In genau diesem Spannungsfeld – welche Leistungen einerseits für die Menschen im Kreis Soest notwendig sind und andererseits, welche Leistungen reduziert oder eingespart werden können, stellte unsere Fraktion folgende Anträge für den Haushalt 2017:
Einrichtung einer Vollzeitstelle für den Gewässerschutz im Kreis Soest (50.000 Euro)
Fortführung des Klimaschutzkonzeptes (10.000 Euro)
Zuschuss des Kreises für eine unabhängige Flüchtlingsberatung (50.000 Euro)
Förderung von Maßnahmen für Kinder und Jugendliche zur Integration durch das Kreis-Jugendamt (20.000 Euro)
Kürzung des Zuschusses für die Wirtschaftsförderung (–100.000 Euro, zur Finanzierung der o.g. Leistungen)
Grüne Positionen zu unterschiedlichen Aufgabenbereichen im Haushalt 2017:
Beteiligungsgesellschaften
Die mittelbaren und unmittelbaren Beteiligungen des Kreises Soest, wie z.B. Gesundheit, Wirtschafts- und Strukturförderung, Verkehr, … etc. sind auf den Prüfstand zu stellen.
Hier müssen Verwaltung und Politik sich die Frage stellen, inwieweit neue Forderungen der Beteiligungen z.B. nach höheren Verlustabdeckungen oder die Übernahme von Gesellschafterdarlehen erfolgen sollen. Besonders kritisch sehen wir die zuletzt erfolgte Erhöhung der Verlustabdeckung für den Flughafen Paderborn-Lippstadt und den Zuschuss des Kreises für die Gesellschaft für Wirtschafts- und Strukturförderung.
Gesellschaft für Wirtschafts- und Strukturförderung
Vor dem Hintergrund der Haushaltsituation ist der Kreiszuschuss hier um 100.000 Euro zu reduzieren. In Abwägung von notwendigen Aufgaben im Haushalt lehnen wir die Einrichtung der Stelle „Arztlotse“ ab, die an die Wirtschaftsförderung angebunden ist. Unsere Haltung wurde in Gesprächen mit Kliniken und weiteren Fachleuten bestätigt, dass diese Stelle oraussichtlich nicht den Erfolg haben wird, dass mehr Ärzte in den Kreis kommen. Der Aufwand ist ein „Schuss ins Blaue“. In der Auseinandersetzung mit den Leistungen der Gesellschaft ist unsere Auffassung, dass durchgeführte Projekte für den Mittelstand durch den Mittelstand finanziert werden müssen. Allenfalls darf es eine Cofinanzierung zum Anschub geben. Somit ist der Zuschuss der Wirtschaftsförderung für das Jahr 2017 um 14 % abzusenken und langfristig auch weiter zu reduzieren.
Klima- und Umweltschutz im Kreis Soest
Für den Gewässerschutz beantragten wir im Umweltausschuss die Einrichtung einer zusätzlichen Personalstelle bei der Unteren Wasserbehörde.
Die Überprüfung von möglichen Schadstoffeinleitungen in Gewässer kann mit dem vorhandenen Personal nicht mehr gewährleistet werden. Dieser Bedarf wurde spätestens seit Sommer dieses Jahres von Politik und Verwaltung gleichermaßen anerkannt, so dass die Stelle nach den Beratungen im Kreisausschuss hoffentlich in 2018 eingerichtet werden kann – so die Absichtserklärung der Verwaltung. Wir nehmen die Verwaltung hier beim Wort und haben daher unseren Antrag für 2017 zunächst zurückgezogen. Auch wenn unserer Ansicht nach im Sinne des Gewässerschutzes eine schnellere Umsetzung notwendig wäre! Das Klimaschutzkonzept des Kreises muss jetzt, ausgehend von den Klimagipfeln in Paris und Marrakesch, weiter fortgeschrieben werden. Die Klimaziele des Kreises müssen vor dem Hintergrund der Vereinbarungen der Klimagipfel überprüft und deutlich ambitionierter werden. Für die Fortschreibung des Klimaschutzkonzeptes beantragten wir für den Haushalt 2017 erst einmal 10.000 Euro. Absicht war auch, dem Klimaschutzmanager bei der Fortschreibung des Konzeptes mit dem Geld mehr Handlungsspielraum zu geben, z.B. zur Einrichtung von Workshops oder unterstützenden Maßnahmen zur Fortführung des Klimaschutzkonzeptes. Der jetzige Klimaschutzmanager ist fachlich qualifiziert, das Klimaschutzkonzept zu aktualisieren, seine Arbeitskapazität ist unserer Auffassung nach jedoch durch die Aufgaben, die er jetzt schon hat, erschöpft.
Kinder, Jugendliche und Familien im Kreis Soest
Trotz massiver Kritik der Bürgermeister unterstützt unsere Fraktion die strategische Ausrichtung der Verwaltung im Bereich Kinder, Jugendliche und Familien.
Die Erhöhung der Personalstellen ist dringend notwendig und wurde von uns seit Jahren gefordert, um eine gute Beratung und Begleitung von Familien im Kreis Soest zu gewährleisten.
Unsere weitergehende Forderung ist, dass Sozialarbeiter unbefristet eingestellt werden, um dem Fachkräftemangel in diesem Bereich durch erhöhte Attraktivität des Berufsfeldes entgegenzuwirken. Die Befristung bei den bestehenden Verträgen ist aufzuheben, damit die Sozialarbeiter berufliche Planungssicherheit erhalten und auch langfristig für das Kreisjugendamt arbeiten. Wir wollen Fluktuation bekämpfen. Dies bedeutet parallel für die betroffenen Menschen, kontinuierliche Ansprechpartner zu haben. Ausdrücklich freue ich mich darüber, dass im Jugendhilfeausschuss einstimmig der Beschluss gefasst wurde, den Kreiszuschuss für den Erhalt der Arbeit der Kontaktstelle Werl-Nord in den Haushalt einzustellen. Durch diesen Beschluss wird die Entscheidung des letzten Jahres, basierend auf einem Antrag von CDU / SPD, den Zuschuss nicht mehr zu gewähren, aufgehoben.
Integration der in den Kreis Soest geflüchteten Menschen
In Erinnerung sind uns die dramatischen Bilder aus dem letzten Jahr: Tausende Flüchtlinge kamen nach Deutschland und mussten menschenwürdig untergebracht werden. Im Kreis Soest ist dies mit sehr viel Engagement der kommunalen Verwaltungen, der Kirchen, der Verbände, der Politik und vor allem der ehrenamtlichen Helfer umgesetzt worden. Nach der Aufnahme geht es jetzt aber weiter: Jetzt schließt sich die Integration der geflüchteten Menschen in unser Lebensumfeld an. Auch wenn unser Asylrecht nur einen vorübergehenden Schutz bieten soll, zeigt die Perspektivlosigkeit in den Krisengebieten, dass uns das Zusammenleben mit den verschiedenen Kulturen gelingen muss. Der Schutz des Asyls darf nicht aufgeweicht werden. Wir appellieren an die Mitarbeiter der Ausländerbehörde, bei der Abwägung der Einzelschicksale ihre möglichen Spielräume konstruktiv im Sinne der Schutzsuchenden zu nutzen. Die kommunalen Verwaltungen und die Politik müssen in 2017 alles dafür tun, die zu uns gekommenen Menschen zu integrieren. Sonst nehmen wir sehenden Auges künftige soziale Probleme im gesellschaftlichen Miteinander in Kauf! Integration muss und darf der Kreisverwaltung daher auch Geld kosten!
Die Flüchtlinge brauchen heute Unterstützung:
– bei der Wohnungssuche,
– bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz oder
– grundsätzlich für die Perspektiventwicklung in Deutschland.
Gerade jetzt muss die psychosoziale Beratung für Flüchtlinge im Kreis Soest flächendeckend weiter ausgebaut werden muss. Diese Aufgabe überfordert das Ehrenamt und muss von professionellen Sozialarbeitern geleistet werden. Kreisweit steht für diese Aufgabe nur eine Vollzeitstelle zur Verfügung. Daher beantragten wir: 50.000 € zur Einrichtung einer Vollzeitstelle für psychosoziale Beratung und darüber hinaus 20.000€ für Maßnahmen des Kreisjugendamtes für geflüchtete junge Menschen. Hier setzt unsere Fraktion auf die Stabilisierung der jungen Flüchtlinge im Lebensumfeld durch Sozialarbeit. Der Fokus liegt für uns nicht bei der Wertevermittlung, im Gegensatz zu dem Antrag von CDU/ SPD. Zwischen den Fraktionen wird jetzt abgestimmt werden, mit welchen inhaltlichen Schwerpunkten im Rahmen der in den Haushalt eingestellten 20.000 Euro gearbeitet wird. Der Antrag zur Einrichtung der psychosozialen Beratungsstelle fand, trotz der im Verhältnis zu anderen Leistungen geringen Summe, im Kreisausschuss keine Mehrheit.
Im Haushalt 2017 fehlen daher für die Mammutaufgabe der Integration die erforderlichen finanziellen Mittel!
Resumée
Wie bereits der Haushalt 2016, so enthält auch dieser Haushalt Inhalte, die wir gerne mittragen. Hier sind die Mehrstellen im Jugendamt, aber auch das Einsetzen der Ausgleichsrücklage zur Reduzierung der Kreisumlage zu nennen. Vor der abschließenden Bewertung – an dieser Stelle noch ein kurzer Rückblick auf die Verabschiedung des Haushaltes 2016: Letztes Jahr ist genau an dieser Stelle die Einführung des Sozialtickets beschlossen worden. Nach langen Jahren unserer Antragsstellung – häufig gemeinsam mit der SPD und den Linken – ist es schließlich gelungen, das Ticket mit den Stimmen aller im Kreistag vertretenen Stimmen einzuführen. Das Ticket wurde ein Erfolg, wie der Kreisdirektor letzte Woche in der Presse mitteilte. Auf Anfrage bestätigt, hat die RLG aktuell einen deutlichen Zuwachs von Beantragungen des Sozialtickets.
Solch ein fraktionsübergreifender Konsens, wie bei der Einführung des Sozialtickets, sollte der Kreispolitik bei der Integration auch gelingen! Es gelang nicht! Für die zentrale Aufgabe der Integration steht für 2017 nicht genug Geld zur Verfügung. Die beantragte psycho-soziale Beratungsstelle soll nach dem Willen der großen Fraktionen hier im Haus, nicht eingerichtet werden. Das zeigt unseres Erachtens eine gewisse Halbherzigkeit bei der Integration von Flüchtlingen, die unserem Selbstverständnis massiv wiederspricht.
Dies ist die zentrale Begründung zur ABLEHNUNG des Haushaltes 2017 !
Ilona Kottmann-Fischer, Fraktionssprecherin