Haushaltsrede 2024 von Lennard Schlöffel
In der Sitzung des Kreistages am 21.03.2024 verabschiedete der Kreistag den Haushalt 2024 des Kreis Soest. Im vergangen Jahr haben wir dem Haushalt zugestimmt. In diesem Jahr konnten wir, wie auch die FDP, Die Linke und die BG, dem Haushalt nicht zustimmen. Dennoch ist der Haushalt mit den Stimmen der SPD und der CDU verabschiedet worden. Insgesamt umfasst der Haushalt 578,3 Millionen € bei einem Defizit von 10 Millionen €. Trotz der steigenden Kreisumlage, die die Städte und Gemeinden des Kreis Soest, an den Kreis Soest zahlen. Warum wir dem Haushalt nicht zustimmen konnten, welche Kritikpunkte wir haben und wo wir Verbesserungspotential sehen, könnt Ihr hier in der Haushaltsrede unseres Vorsitzenden der Kreistagsfraktion, Lennard Schlöffel hier lesen.
Sehr geehrte Frau Landrätin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Haushalte und Haushaltsentscheidungen müssen immer im Kontext des jeweiligen Jahres betrachtet werden, in dem sie verabschiedet werden. Dies spiegelt sich auch in der politischen Zustimmung aus den einzelnen Fraktionen wider. Letztes Jahr stimmten wir dem damaligen Haushalt zu. Gründe waren unter anderem, die damals akute Energiekrise und ein notwendiger Zusammenhalt. Der jetzige Haushalt für das Jahr 2024 lässt eine grüne Zustimmung nicht zu. Dabei hat der vorliegende Haushalt durchaus einige gute Aspekte: Hier will ich besonders den Bereich Jugendhilfe und den Bereich Soziales hervorheben. Hier ist der Kreis nach unserer Einschätzung gut, wenn auch bestimmt nicht perfekt, aufgestellt. Ähnlich wie im Bundeshaushalt macht der Bereich Soziales, wenn natürlich auch ganz anders strukturiert, den Großteil der Ausgaben im Kreishaushalt aus. Vieles davon wurde in aktiver Zusammenarbeit mit meiner Fraktion erarbeitet. Im Rahmen der Änderungsliste unterstützten wir beispielsweise den Antrag, den SKM (Sozialdienst Katholischer Männer e.V.) im Kampf gegen Wohnungslosigkeit weiter zu unterstützen. Dieses Thema wird uns auch im nächsten Fachausschuss nochmals beschäftigen.
Jugendhilfe
Im Bereich Jugendhilfe sind es externe Faktoren oder auch verschiedene Gutachten aus vergangenen Jahren, die den Kreis bewegt haben, mehr in unsere Kinder und Jugendlichen und damit in unsere Zukunft zu investieren. Weil man es muss, nicht weil man es will, so unser Fazit.
Wirtschaft
Der Themenkomplex Wirtschaftsförderung, ein Thema, auf das wir in der Vergangenheit immer kritisch geblickt haben, macht Fortschritte und entwickelt sich zaghaft in die richtige Richtung. Die Arztlotsen oder die Wasserstoffallianz nenne ich hier als gute Beispiele.
Nachhaltigkeitsreport=Nachhaltigkeitsstrategie?
Aber: viele Punkte in für uns Grünen wichtigen Bereichen kommen zu kurz. Ein umfassendes Nachhaltigkeitskonzept, dessen Erstellung wir 2018 beschlossen haben, gibt es nach 6 Jahren immer noch nicht. Stattdessen wurde uns im April 2023 ein Nachhaltigkeitsreport vorgelegt, der wesentliche Handlungsfelder ausspart und den erforderlichen Verbesserungszyklus nur unzureichend abbildet. Im Haushalt bekommen die erforderlichen Maßnahmen und Strategien zur Klimaanpassung und zur CO2-Vermeidung nicht den Raum, der für einen zukunftsfesten Kreis Soest erforderlich wäre, hier muss vom Ende hergedacht werden, und es müssen Ziele und Maßnahmen im Haushalt verankert werden, die keinen Zweifel daran lassen, wohin der Kreis Soest will und wie er dies erreichen möchte.
Zweiter Nationalpark NRW
Unabhängig vom Haushalt wurde die große Chance eines Nationalparks im Kreis Soest durch Ablehnung des Interessensbekundungsverfahrens in unserer letzten Sitzung verpasst. Das Feigenblatt eines nicht näher inhaltlich definierten „Naturparks plus“ stattdessen in die Diskussion gebracht, der bis heute nicht näher beschrieben ist. Über die Änderungsliste wurde dies sowohl von links als auch von den Mehrheitsfraktionen mit Anträgen zum Stellenplan und Haushalt bearbeitet. Der CDU-Antrag zur Auflistung von Maßnahmen zur Stärkung des Arnsberger Waldes soll dabei aber vor allem wohl das Nein zum Nationalpark Arnsberger Wald kaschieren.
Zukunftsbild Landwirtschaft
Andere wichtige Zukunftsbilder werden nur einseitig betrachtet, wie etwa das Zukunftsbild Landwirtschaft, das aus dem Nachhaltigkeitsreport separiert wurde. In diesem blieb mit den Umweltverbänden und der biologischen Station ein wichtiger Akteur außen vor und auch die Fachhochschule hat nicht die Rolle gespielt, die ihr als Hochschule mit einem starken Fachbereich Agrarwirtschaft eigentlich zusteht.
Projekt Julia
Beim eben beschlossenen Projekt JULIA, also dem Umsetzungs- und Beratungsprojekt zum Insekten- und Artenschutz drohte der biologischen Station schon wieder ein Platz an der Seitenlinie. Ein von uns gemachter Änderungswunsch im Kreisausschuss wurde aufgegriffen und schafft nun die Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit der Akteure.
Klimaschutzkonzept 2.0
Das endlich beschlossene Klimaschutzkonzept 2.0 benötigt für die Zukunft mehr Aufmerksamkeit, um wichtige Projekte anzustoßen. Denn es werden junge und heute noch nicht geborene Menschen sein, die die Hauptlasten eines veränderten Weltklimas sowie der im Umgang damit erforderlichen Maßnahmen zu tragen haben. Die Entscheidungen für die Zukunft müssen im hier und jetzt getroffen werden. Aber: diese müssen auch immer in Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Bürgermeister*innen und Stadträten erarbeitet werden. Die Bürgermeister*innen haben in ihrer Stellungnahme hierzu klar Stellung bezogen. Wie ernst die Situation in den Kommunen ist und wie wichtig eine gute Zusammenarbeit mit den Städten und Gemeinden ist, um die kommunale Familie im Kreis nicht zu entzweien, wurde deutlich.
Beim Klimaschutzkonzept 2.0 erzielte man einen Kompromiss im Ausschuss für Energie und Klimaschutz und eine sinnvolle und mitnehmende Arbeitsebene zwischen dem Kreis und den Kommunen. Diesen Spagat zwischen notwendigen Investitionen und Mitnahme der Kommunen schafft dieser Haushalt 2024 meistens aber nicht. Der Kreis darf sich nicht auf Kosten der Kommunen Projekte gönnen und zeitgleich den Kommunen die Luft zum Atmen nehmen. Politische Maßnahmen generell und Klimaschutzmaßnahmen im speziellen müssen – und hier zitiere ich den Ethikrat der Bundesregierung – „in einem Gesamtkonzept miteinander verzahnt sein und rasch und effektiv erfüllt werden“. Und hier liegt noch viel Arbeit vor Politik und Verwaltung. Der Haushalt 2024 bildet diese Anforderungen aus unserer Sicht allerdings nicht im erforderlichen Maße ab. Wir müssen heute zusammen mit den kreisangehörigen Kommunen sicherstellen, dass die Landwirtschaft trotz zunehmender Wetterextreme gute Ernten einfahren kann, dass unsere Innenstädte nicht überhitzen und das Artensterben gestoppt wird. Wir tragen die Verantwortung dafür, dass die Menschen im Kreis Soest auch morgen und übermorgen noch über sichere Lebensgrundlagen verfügen und in einer intakten und lebenswerten Landschaft leben können.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit