Grüne unterstützen Resolution und beantragen finanzielle Unterstützung
durch den Kreis für Prostituierten- und Ausstiegsberatungsstelle „Tamar“
[Update, Dezember 2017] – Die Prostituierten- und Ausstiegsberatung „Tamar“ der Evangelischen Frauenhilfe steht ab dem Haushaltsjahr 2018 ohne finanzielle Förderung da. Die Verbandspfarrerin der Frauenhilfe als Trägerin des interkommunalen
Hilfsangebotes hat deshalb auch beim Kreis Soest einen Antrag auf anteilige Finanzierung gestellt.
Der Ausschuss für Gesundheit des Kreises hat eine Resolution auf den Weg gebracht, die das Land auffordert,
Beratungsstellen wie „Tamar“ weiterhin mit Fördermitteln zu unterstützen. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen
begrüßt diesen Vorstoß ausdrücklich – will es aber nicht bei der Unterschrift unter der Resolution belassen, sondern
fordert den Kreis auf, das Angebot selbst auch mit zu finanzieren. Deshalb werden die Grünen am Donnerstag im
Kreisausschuss beantragen, im Haushalt 20 000 Euro für „Tamar“ bereitzustellen.
Bereits im Herbst hat sich die Fraktion von Verbandspfarrerin Birgit Reiche und der Sozialarbeiterin und
Traumaberaterin Sabine Reeh aus der Arbeit der Prostituierten- und Ausstiegsberatungsstelle berichten lassen.
Seit drei Jahren ist „Tamar“ die einzige Anlaufstelle für Prostituierte im Kreis Soest und in Südwestfalen.
Überwiegend in den bekannten Betrieben – 19 im Kreis Soest – suchen die Mitarbeiterinnen den Kontakt zu den
Frauen.
Durch die Einführung des neuen Prostituierten-Schutzgesetzes herrscht bei den Frauen eine große Verunsicherung.
Angst haben viele vor dem Missbrauch ihrer Daten. Das Gesetz sieht vor, dass sie sich einmal jährlich beim
Gesundheits- und beim Ordnungsamt vorstellen müssen. Der größte Teil der Prostituierten, die die Beratung von
„Tamar“ in Anspruch nehmen, kommt aus Osteuropa, überwiegend aus Bulgarien, Rumänien, Polen und Russland.
Einige Frauen arbeiten neben Studium, Ausbildung oder Beruf im Rotlichtgewerbe. Viele gehen anschaffen, um ihre
Familien zuhause zu unterstützen. Sie haben Angst, Arbeitgeber, Kommilitonen oder die Familie könnten erfahren,
wie sie ihr Geld verdienen. Oder Angst vor Strafverfolgung in ihrem Heimatland, in dem die Prostitution womöglich
verboten ist.
Umso wichtiger ist daher der Erhalt der Arbeit von „Tamar“ als nicht-staatliche Beratungsstelle – es wäre fatal, die
finanzielle Förderung zu streichen! Durch ihr kontinuierliches Engagement vor Ort konnte „Tamar“ ein gutes
Vertrauensverhältnis zu vielen Frauen aufbauen. Dabei sind die Ressourcen – 1,5 Planstellen für ein großes
Einzugsgebiet – begrenzt. Die Not der Frauen und die Nachfrage nach Unterstützung sind so groß, dass eigentlich drei
Stellen nötig seien, erklärte Birgit Reiche.
„Aus Sicht der Grünen sollte es staatlicherseits vor allem darum gehen, Bordelle und Zuhälter zu kontrollieren“, sagt
Kreistagsmitglied Annette von dem Bottlenberg.
Viele Frauen bewegen sich einer Grauzone, manche sind illegal, auf der Durchreise, ein großer Teil ist nicht
krankenversichert. „Eine echte Hilfe wäre die Einrichtung einer gynäkologischen Stelle beim Kreis“, sagt
Fraktionssprecherin Ilona Kottmann-Fischer. Das sei ein Schutz für die Frauen genauso wie für ihre Kunden und
letztlich auch für deren Familien.