Viele Familien fühlen sich als Verlierer der Pandemie, ungesehen und ungehört mit vielen Aufgaben allein gelassen. Die unsichere Betreuungssituation ist belastend für Kinder, wie für Eltern. Unsere Landtagskandidat*innen haben zugehört.
Zwei Jahre Pandemie wirkten wie ein Brennglas für die Probleme, mit denen Familien in Nordrhein-Westfalen ohnehin im Bildungssektor zu kämpfen haben. Im Zuge einer offenen Gesprächsrunde via Zoom waren es diesmal die GRÜNEN Landtagskandidat*innen Dagmar Hanses, Jürgen Klug und Helle Sönnecken, die den Erfahrungen der Familien zuhörten. In diesem ungewöhnlichen Format konnten Familien ihre Sorgen und Anliegen direkt an die Kandidat*innen der Wahlkreise Soest und Hochsauerland richten. Es zeichnete sich ein sehr unterschiedliches Bild der Belastungen und Anliegen, die die Familien bewegen.
Einige Familien kamen mit nur wenigen organisatorischen Hürden gut durch den Lockdown und das Homeschooling. Hier zeigte sich sehr deutlich, dass ein gutes familiäres Netzwerk eine Menge auffangen konnte. In anderen Fällen legte der Lockdown und das damit verbundene Homeschooling eklatante Lücken im Bereich der Digitalisierung und Chancengleichheit offen. Viele Kinder fielen offensichtlich durch das Raster. Lernlücken im Bereich des Schulstoffes, wie auch den sozialen Kompetenzen konnten bis heute nicht aufgeholt werden. Die fehlenden Sport- und Freizeitangebote belasteten ebenso, wie ausgefallene Feste und das unbeschwerte Treffen von Freunden.
Vor allem Mütter scheinen unter der pandemischen Lage und der damit verbundenen unsicheren Betreuungssituation zu leiden. Da immer noch ein Großteil der Care-Arbeit von Frauen geleistet wird, sind sie es eben häufig, die beruflich zurückstecken mussten, wenn die Kita oder die Schule pandemiebedingt schloss.
Auch die Belastung der Lehrer*innen und Erzieher*innen wuchs unter der Pandemie enorm und äußerte sich durch bewegte Schilderungen. „Lehrer sind in dieser Pandemie nicht nur Lehrer, sondern auch medizinisches Personal, Psychologen, Computerspezialisten und vieles weiteres“, berichtete ein Grundschullehrer. Auch die mangelnde und häufig späte Kommunikation seitens des Schulministeriums belastet die Lehrkräfte. Änderungen der schulischen Voraussetzungen wurden häufig erst freitags nachmittags bekanntgegeben und mussten montags bereits umgesetzt werden. „Hier dürfen wir nicht vergessen, dass auch die Schule ein Arbeitsplatz ist. Ein familienfreundlicher Arbeitsplatz sollte verhindern, dass nach den Pflegekräften die Lehrer*innen die nächsten sind, die völlig erschöpft sind.“ fasste Helle Sönnecken zusammen.
Auch die Kinder mussten sich immer wieder kurzfristig umstellen. Helle Sönnecken betonte, dass wir nicht unser altes Schulsystem modernisieren, sondern ein neues, digitaleres System entwickeln müssen, welches auch analog in Präsenz durchführbar ist. „Nur so können wir auch kurzfristig, z.B. auch bei Sturmwarnungen auf Distanzunterricht umstellen und alte Raster aufbrechen, damit wir auf unterschiedliche Lerntypen mit individueller Förderung reagieren können.“
Einen großen emotionalen Raum nahm die Situation der sogenannten Schattenfamilien ein. Ein Begriff hinter welchem sich Familien mit vorerkrankten Kindern oder Eltern verbergen. Diese Familien leben zum Teil seit nun zwei Jahren im Lockdown, weil eine Infektion mit Covid 19 für ein Familienmitglied mit hoher Wahrscheinlichkeit einen schweren Verlauf oder gar den Tod bedeutet. Einen Schutz bietet die aktuelle Landespolitik für diese Kinder kaum. Durch den fehlenden und noch weiter zurückgefahrenen Infektionsschutz an den Schulen stehen diese Eltern vor der großen Hürde sich zwischen Gesundheitsschutz und Schulpflicht beinahe aufzureiben. „Schule muss für diese Kinder und Jugendlichen viel inklusiver gedacht werden.“, mahnte in diesem Zusammenhang auch der Landtagskandidat Jürgen Klug an und resümierte: „Viele Menschen haben in ihrem Alltag kaum Kontakt zu Menschen mit Vorerkrankungen oder Behinderungen. Sie werden schlichtweg nicht von der Gesellschaft wahrgenommen und durch den fehlenden Infektionsschutz weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt.“
Die Veranstaltung verdeutlichte die unterschiedlichen Sichtweisen und Erfahrungen der Familien in der Pandemie. Nicht alle Familien haben mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen, grundsätzlich lässt sich jedoch sagen, dass Eltern wie auch Lehrer*innen und Erzieher*innen in den letzten zwei Pandemie-Jahren zu wenig gehört wurden. „Angesichts der vielfältigen Probleme, unter denen Familien in der Pandemie leiden, zeigt sich, dass es nicht den einen richtigen Weg in der Familienpolitik von morgen gibt. Die Probleme der Familien sind so facettenreich und unterschiedlich, wie wir alle und deshalb muss auch die Familienpolitik komplexer und neu gedacht werden.“, fasste Landtagskandidatin Dagmar Hanses zusammen.